Geschichte des Pferdes

Die Gattung der Pferdeartigen (lat. Equidae, Equus) umfaßt die Untergattungen echte Pferde (Equus caballus), der Zebras (EQUUS Zebra), der Esel (Equus asinus) und der Pferdeesel (Equus hemionus).

Alle diese Untergattungen lassen sich auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückführen. Dieser Vorfahr lebte vor etwa sechs Millionen Jahren. Er wird als Pliohippus bezeichnet und stellte den ersten echten Einhufer der Geschichte dar.

Die Entwicklung der Equiden begann allerdings schon vor rund 60 Millionen Jahren, als in den feuchtwarmen Urwäldern ein ca. fuchsgroßes Tier lebte, das nach dem Erdzeitalter Eozän (60 bis 40 Millionen Jahre v. Chr..) als Eohippus bezeichnet wird. Eohippus war etwa 35cm hoch, hatte einen gewölbten Rücken und vermutlich ein gesprenkeltes Fell. An seinen Vorderbeinen besaß er vier, an den Hinterbeinen jedoch nur drei Zehen, die ihm ein Laufen auf weichem, morastigem Boden ermöglichten. Skelettfunde in Amerika und Europa geben ungefähren Aufschluß über sein damaliges Aussehen.

Seine „Nachfahren“ Orohippus und Epihippus waren etwas größer, aber der Urform noch sehr ähnlich und ebenfalls Laubfresser, wie sich aus ihren flachkronigen Backenzähne schließen lässt. Jedoch mit dem Ende des Eozäns starben die Urpferde in Europa aus, während sie sich in Amerika stetig weiterentwickeln konnten.

Im Oligozän schließlich (vor ca. 40 bis 25 Millionen Jahren) finden wir den Mesohippus, der sich bis zu einer Größe von rund 50cm gemausert hatte. Er war deutlich besser an den schnellen Lauf angepaßt und besaß nun nur mehr je drei Zehen, von denen die mittlere deutlich stärker entwickelt war. Seine Beine waren länger und sein Gebiß kräftiger. Zu Beginn des Miozäns (vor rund 20 Millionen Jahren) trat dann Miohippus auf, ein schon eher an lichte Wälder und Baumsteppen angepaßtes Tier. Seine seitlichen Zehen erfuhren eine weitere Reduktion sodaß er hauptsächlich auf der mittleren Zehe lief. Mit rund 70cm Höhe war er schon so groß wie ein Schäferhund. Zu dieser Zeit entwickelten sich im Anchitherium und Hypohippus verzweigte Seitenlinien, welche in Amerika und auch in Europa lange Zeit existierten und zu Beginn des Pliozäns in beiden Gebieten ausstarben.

Während des frühen Miozäns entstand dann im Parahippus ein weitgehend an Gräsernahrung angepaßtes Tier, das mit seinen rund 80 cm Höhe schon ein recht flinker Läufer war. Erstmals traten die Kunden (Schmelzgruben in den Kauflächen der Schneidezähne) in Erscheinung. Zahlreiche Unterarten des Parahippus sind bekannt. Mit dem Merychippus finden wir einen weiterentwickelten Parahippus, der sich größenmäßig mit rund 90cm Schulterhöhe schon an das Shetland-Pony heran schob. Erneut trat eine Seitenlinie auf, die sogenannte Hippariongruppe. Hipparion war auch in der Alten Welt zu finden, starb aber beidseits des Atlantiks aus. Es existierten auch einige amerikanische Formen, die während des Pliozäns lebten und dann allmählich ebenfalls verschwanden.

Zu Beginn des Pliozäns (vor gut 10 Millionen Jahren) trat mit dem Pliohippus der erste richtige Einhufer auf. Beim Gebiß und den Extremitäten war er dem rezenten Pferd schon sehr ähnlich und erwies sich als ideal an das Leben in Grassteppen angepaßt. Er schickte die Hippidiongruppe nach Südamerika aus, die dort aber nicht so richtig bestehen konnte (es gibt jedoch Hinweise auf ein mögliches Überleben).

Das Pleistozän (vor etwa 2 Millionen Jahren bis 10000 v. Chr..) erlebte die Weiterentwicklung des Pliohippus zum Plesihippus, einem großen und robusten Tier. Er ist der direkte Vorläufer des Equus caballus. Noch in Amerika, das damals über die Beringstraße mit Eurasien verbunden war, gelangte Equus zur derzeitigen Form und wanderte in die Alte Welt ein, während er in Amerika leider ausstarb.

Über die weitere Entwicklung der Pferde gibt es verschiedene Meinungen. Einige gehen davon aus, daß sich aus den beiden bekannten Wildpferdeformen Tarpan (Steppen- und Waldform) und dem Mongolisches Wildpferd (Equus Przewalski) alle uns bekannten Formen des Hauspferdes durch menschliche Beeinflussung entwickelten. Andere halten eine starke Typdifferenzierung noch vor der Einwanderung von Equus aus Amerika nach Eurasien für deutlich wahrscheinlicher. Der Tarpan und das Mongolische Wildpferd wären demnach Vertreter von Unterarten oder lokale Mischformen und nicht die alleinigen Ausgangsformen der Hauspferde. Die Hippologen Ewart, Speed, Skorkowski, Ebhardt, Schäfer et. al. führten verschiedene Argumente für diese Theorie an, die heute allgemein als plausibel
anerkannt wird. Man untermauerte mittels röntgenologischer Untersuchungen, archäologischer Vergleiche, Verhaltensbeobachtungen und Zuchtversuchen die These, daß es zwei gewaltige Einwanderungszüge aus Amerika gegeben hat. Der eine brachte die Südpferde nach Eurasien, der andere die Gruppe der Nordponys. Beiden Urformen waren an das jeweils vorherrschende Klima angepaßt und suchten die ihnen zusagenden Lebensräume auf wo sie überlebten und sich weiterentwickeln konnten. Durch Anpassung an unterschiedliche Umwelteinflüsse entstanden vier Formen des Pferdes, deren Merkmale wir in unseren heutigen Pferden wiederfinden. Kapitzke bezeichnet diese als die Urwildpferde, die bis zum Ende der Eiszeit lebten und frei von fremdem Erbgut waren.

Die heute noch existenten Wildpferde (Equus Przewalski) haben noch im Wildzustand oder später dann auch durch den Menschen Beimischungen andersartiger Blutlinien erhalten. Deshalb sind sie in der Lage, ihr Verhalten oder Erscheinungsbild geänderten Lebensbedingungen relativ rasch anzupassen.

Nehmen wir also an, daß es bereits vor der Domestikation durch den Menschen deutlich unterscheidbare Typen gab (die Bezeichnung Typ 1 bis 4 ist allgemein üblich.)

Man geht von der Existenz von vier Urtypen aus, welche man in zwei Pony- und zwei Pferdetypen einteilt:

Typ 1: Das Nordpony

Es ist ein mittelgroßes, kräftiges Tier von etwa 120cm Stockmaß, dessen Verbreitungsgebiet sich über ganz Nordeuropa und Teile Ostasiens erstreckte. Den klimatischen Einflüssen weichend, gelangte es auf weiten Wanderungen bis nach Nordspanien, Irland und Kleinasien. Es stand der ihm vorausgegangenen amerikanischen Urform am nächsten, wie an Ausgrabungen in Alaska und Texas zu erkennen ist. Sein Erscheinungsbild war überall relativ gleichförmig, da es sich aufgrund seines Wandertriebes nicht auf einen bestimmten Lebensraum spezialisierten oder Unterformen bilden konnte.

Sein Körper war auf das Überleben in feuchtkaltem Klima mit karger, notgedrungen unterschiedlicher Nahrung ausgerichtet. Seine kräftigen Schneidezähne standen senkrecht aufeinander und ermöglichten dadurch das Abbeißen der harten Gräser und holzreicher Nahrung. Die Mahlzähne waren langwurzelig und robust. Der Verdauungstrakt war auf die Verwertung wenig gehaltvollen, voluminösen Futters ausgerichtet.

Die geräumigen Nasenhöhlen sorgten für ausreichende Erwärmung der Atemluft, kleine Ohren und kurzer Gesichtsschädel ergaben das typische, intelligente Ponygesicht, das wir heute z.b. noch am Exmoor Pony wiederfinden. Diese Rasse kann als nahezu reiner Vertreter des Typ 1 angesehen werden und zeigt alle seine Merkmale.

Das Fell war torfbraun, mit Aufhellungen an der Körperunterseite und an Maul und Augen. Das Langhaar war dunkel. Im Sommer glatt und hart, entwickelte es sich im Winter zu einem doppelschichtigen Pelz mit Unterwolle, der Wasser an der Körperoberfläche ablaufen ließ und auch hervorragend isolierte. Das dichte, üppige Langhaar war Schutz für die empfindlichen Regionen, eine dichte Schweifwurzelbehaarung (sogenannte Ponyglocke) schützte die Analregion vor Wind und Nässe.

Die kräftigen, kurzen Beine mit den stabilen Gelenken und harten, kleinen Hufen trugen das Körpergewicht in gleichmäßiger Verteilung. Die bevorzugte Gangart war ein flinker Trab, die Flucht erfolgte meist im Galopp oder schnellen Trab im engen Herdenverband.
Das Verhalten war auf das enge Zusammenleben unter widrigen Bedingungen ausgerichtet und somit relativ aggressionsfrei, mit recht geringer lndividualdistanz. Die Ponys fraßen und schliefen eng nebeneinander, wodurch auch die starke Herdenbindung entstand, die sich bei heutigen Hausponys als unangenehmes Kleben bemerkbar macht.

Typ 2: Das Tundrenpony

Entlang der nördlichen Verbreitungsgrenze der Pferde lebte eine etwas größere Form, die sich optimal an ein sehr kaltes Klima angepaßt hatte.
Durch die klimatischen Schwankungen der Kalt- und Warmzeiten wurde sie über lange Zeiträume in eisfreien Gebieten eingeschlossen. Die Fähigkeit, auch im Winter bei karger Nahrung zu überleben, ließ die Ponys in kleineren Gruppen ihrem jeweiligen Standort treu bleiben. Sie waren etwa 140cm bis 170cm groß und deutlich derber und massiger gebaut als die Nordponys, jedoch von ähnlicher Anlage des Körperbaus. Auch sie waren auf karges Futter und extreme Witterung eingestellt, aber meist doch wesentlich weniger bewegungsaktiv. Durch die Standorttreue bildeten sich unterschiedliche Varianten aus, unter Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten. Es kam zu Groß- und Kleinformen, Steppen- und Waldformen.

Das Gebiß war extrem kräftig und konnte auch gefrorene Nahrung zermahlen, der Verdauungstrakt arbeitete höchst effizient. Die gute Futterverwertung finden wir auch beim heutigen Kaltblüter wieder. Der lange, ramsnasige Kopf ließ die Atemluft erwärmen, die schmalen Nüstern und Augen boten Schnee und Kälte wenig Einlaß. Sein Rumpf war tonnig und lang (Futterverwertung), die Schulter steil und die Kruppe abschüssig. Dies ergab sich aus der Fortbewegung im Schritt und kurzen Trab auf trügerischem Boden.

Das Fell war im Winter extrem lang und dicht, das Langhaar aber nicht ganz so üppig wie bei dem Nordpony. Der Aufenthalt in Waldgebieten machte dies nicht nötig. Die Fellfarbe war eher ein Graubraun oder Braun mit dunklen Flecken (Aalstrich, Zebrierung, Talerung), im Winter vermutlich deutlich heller oder sogar Weiß.

Die Tiere lebten in kleinen Gruppen unter Leitung einer Stute in einem geordneten Herdenverband. Futterneid oder Aggression sind nicht zu erwarten, ihr Wesen war eher phlegmatisch. Bei rechtzeitig erkannter Gefahr zogen sich die Ponys zurück und tarnten sich durch Erstarren oder flüchteten im eiligen Schritt oder Trab. Im Yakutenpony, aber auch im Highland Pony werden Vertreter dieses Typs vermutet. Das Przewalskipferd dürfte ebenfalls recht nahe mit ihm verwandt sein.

Typ 3: Das Ramskopfpferd

Das Verbreitungsgebiet dieses größeren der beiden Südpferdetypen reichte von Asien bis nach Südeuropa und Nordafrika. Nach der Eiszeit schrumpfte sein Lebensraum aufgrund der klimatische Veränderungen zusammen und es erhielt sich nur mehr in relativ kleinen Populationen. Sein ursprünglich fruchtbares und mildes Habitat wurde zunehmend trockener oder auch sumpfig, teilweise auch gebirgig.

Der schlanke, lange und leicht geramste Kopf wies ein schwächeres Rupfgebiß auf, da es normal gehaltvolle, weiche Nahrung aufnahm. Der Hals war lang und hoch aufgesetzt, die Schulter- und Kruppenformation begünstigte in Verbindung mit langen, schlanken Beinen die elastischen Bewegungen.

Die Hinterhand wurde vermehrt beansprucht und erhielt daher große Trag- und Schubkraft die auch das Springvermögen verbesserte. Der Rumpf war mehr auf effiziente Atmung als auf effiziente Verdauung ausgelegt – also eher tief und schmal.
Das grau-, braun- oder auch gelbfalbe Fell blieb kurz und fein, da die Witterung hier freundlicher und milder war als im Norden. Oftmals trat eine deutliche Wildzeichnung auf, wie Aalstrich und Zebrierung. Das Langhaar blieb dünn und schütter, bei dem Turkmenen fehlt die Mähne oft sogar ganz. Seine Hufe waren hart und verhältnismäßig eng. Die Größe lag zwischen 140 und 160cm, eventuell sogar auch etwas darüber. Die Tendenz zur Großwüchsigkeit ist hier genetisch verankert.

Das Ramskopfpferd lebte in eher lockeren Verbänden mit großem Individualabstand. Da es reichlich Futter gab, blieb es ortstreu und zog nur kleinräumig umher. Das Sozialverhalten war ziemlich ungesellig, die einzelgängerischen Tiere waren somit zu erhöhter Wachsamkeit gezwungen. Bei Gefahr wehrte sich das betroffene Tier heftig mit Zähnen und Hufen. Hohe Trittsicherheit und Sprungkraft ermöglichten im Notfall eine rasche Flucht querfeldein. Das etwas stürmische Temperament findet sich heute in manchen großrahmigen Sportpferden wieder, wurde aber durch Selektion größtenteils ausgemerzt. Typische Vertreter dieses Typs sind z.B. der Berber, das Sorraia-Pferd und der Turkmene (Achal Tekkiner). Im Sorraia vermutet man einen nahezu reinen Nachkommen, der sich unter unveränderten Bedingungen ohne menschliche Beeinflussung erhalten hat.

Typ 4: Das Steppenpferd

Dieser Urtyp wird in der Literatur etwas irreführend als Urvollblüter bezeichnet, eine Bezeichnung, die eigentlich nicht ganz zutrifft. Als kleineres der beiden Südpferde – Stockmaß ca. 120cm – war sein Verbreitungsgebiet der gesamte subtropische Gürtel von Südasien über den Orient bis hin zu Ägypten. Mit dem nacheiszeitlichen Temperaturanstieg vertrocknete sein Lebensraum zusehends, das einst üppige Nahrungsangebot verdorrte und die Tiere wurden vom Standwild zum Wanderwild. Auf ihren weiträumigen Wanderungen sind das Steppenpferd und das Nordpony wohl einander begegnet und haben sich vermischt, was den Tarpan ergab, der damit eine Wildstandskreuzung war, welche sich ihrerseits wieder an die verschiedenen Lebensräume anpaßte (Steppen- und Waldtarpan).

Dem trockenheißen Klima angepaßt, hatte das Steppenpferd einen recht kleinen Kopf mit relativ schwachem Rupfgebiß, großen Augen und Nüstern und kleine Ohren. Die Mahlzähne waren weit weniger massiv und hatten viel kürzere Wurzeln als die der Nordponys. Hals und Kopf wurden hoch getragen, um Feinde besser erspähen oder wittern zu können. Seine steile Schulter und waagrechte Kruppe ermöglichten einen schnellen, flachen aber ausdauernden Galopp. Der Rumpf war kurz, tief und recht schmal, da eine effiziente Atmung wichtiger als eine effiziente Verdauung war.

Das Langhaar war dünn und schütter, der Schweif wurde jedoch hoch getragen, um die Analregion kühl zu halten. Das Fell blieb stets kurz und fein mit unbekannter Farbe. Vermutlich waren sie aber Hellbraun, Falb- oder Isabellfarben. Die schlanken, sehnigen Beine mit den kleinen, harten Hufen waren ideal für schnellen Lauf und leichtfüßiges Überwinden von weiten Strecken.

Die während der kurzen Regenzeiten und in den Feuchtgebieten vorhandene Nahrung war gehaltvoll, jedoch nur in recht begrenzten Gebieten vorhanden. Dadurch prägte sich ein geselliges Wesen in kleinen Herden, die immer wieder neue Weiden aufsuchten. Die Pferdchen konnten Hitze und Wassermangel gut ertragen, auch die unregelmäßige, jahreszeitlich schwankende Futteraufnahme machte ihnen nichts weiter aus. Die Herden wanderten unter der Bewachung eines Hengstes, der auf eine strenge Sozialordnung achtete. Bei Gefahr stob die Herde sofort in schnellem Galopp davon, vom Hengst angetrieben und zusammengehalten. Die Steppenpferde werden als Vorläufer der orientalischen Rassen angesehen, und im Kaspischen Pony glaubt man einen relativ reinrassigen Vertreter zu finden.

Die Domestikation

Die Domestikation des Pferdes wird in der Literatur ausgiebig diskutiert, zu einem allgemein gültigen Ergebnis scheint man jedoch nicht gelangt zu sein. Alle Theorien sind bestenfalls durch Funde und historische Quellen bestärkte Mutmaßungen und keinesfalls gesicherte Erkenntnisse.

Man kann aber davon ausgehen, daß die Domestikation des Pferdes früher erfolgte als allgemein angenommen. Diverse prähistorische Funde aus der späten Alt- und Mittleren Steinzeit (Paläo- und Mesolithikum) deuten auf eine mögliche Haustierwerdung um etwa 20000-30000 v. Chr. hin, was aber nicht heißt, daß man Pferde damals schon ritt oder einspannte. Mit größerer Sicherheit kann behauptet werden, daß in Spanien und Nordafrika im ausgehenden Mesolithikum Pferde geritten wurden und im Neolithikum die Reitkunst dort einen beachtlich hohen Stand erreichte. Wissenschaftler meinen, daß die rasche Ausbreitung der Glockenbecherkultur um 2500 v. Chr. auf der schon weit entwickelten Verwendung des Pferdes als Reit- und Transportmittel beruhte.

Eine andere Lehrmeinung sieht dagegen die Zähmung des Pferdes erst später in zentralasiatischen Steppengebieten, und es ist anzunehmen, daß sich auch dort ein Zentrum der Reiterei entwickelte. Das Pferd dürfte als Haustier dem Ren gefolgt sein, das von Steppenvölkern in Asien um 5000 v. Chr. domestiziert wurde. Frühes Geschirr und Sattelzeug dieser beiden Tierarten ähneln einander sehr.

Im Orient stellten der Halbesel und Esel möglicherweise eine Zwischenstufe vom Rind zum Pferd dar, obwohl er sich nicht als Reit-, sondern nur als Zugtier eignete.
Die beiden „Epizentren“ der neuen Kulturwelle, die in der Bronze- und Eisenzeit über weite Gebiete Eurasiens hinwegfegte, dürften somit in Spanien und dem angrenzenden Afrika und in Asien gelegen haben. Das ukrainische Tripolje-Volk stand schon um 3000 v. Chr. auf einer hohen Stufe und betrieb die Pferdezucht, ebenso wie die iberischen Bewohner Spaniens, die Hamiten Marokkos und die Chinesen.

In den asiatischen Steppen bildeten sich im Laufe der Jahrhunderte ie berühmten Reitervölker der Skythen und Mongolen heran, im Orient wurden Ägypter und Perser, in Kleinasien Hethiter und Thraker zu begabten Pferdeleuten.

Mit der Eisenzeit begann dann die Ausbreitung der keltischen Stämme über ganz Europa. Die Kelten hatten wesentliche kulturelle Impulse von den Skythen übernommen und brachten mit einer aristokratischen Sozialstruktur auch Streitwagen, Reiterei und eine vom Pferd dominierte Religion mit. Ihr Einfluß ist in Spanien, England, Irland und Frankreich besonders deutlich zu sehen, wo das Pferd auch heute noch eine wichtige Rolle spielt. Die Griechen hatten die Kavallerie zu einer bedeutenden Waffengattung gemacht, was aus den Werken des Offiziers und Militärschriftstellers Xenophon (430 bis 350 v. Chr.) eindeutig hervorgeht und die noch heute Gültig keit haben. Die Römer waren ein reiterlich eher wenig begabtes Volk und bedienten sich weitgehend berittener Söldnertruppen aus den besetzten Gebieten. Sie gründeten jedoch Gestüte und verbesserten die Zucht systematisch. Die Ausprägung lokaler Formen begann schon lange vor der Zeitenwende, so kannte man in römischer Zeit die paßgehenden Asturcones, das Berberpferd, den Orientalen und den schweren Ardenner.

Im Mittelalter fand man in Europa eine Reihe von Typen oder Schlägen, die viele unterschiedliche Aufgaben erfüllten: das schwere Streitroß des gepanzerten Ritters (Drytranus), das schnelle Rennpferd (Cursorius), die leichten Reisepferde (Haquenays) und praktische, kleine Wirtschaftspferde (Hercarii) und andere.

Das Haustier Pferd

Es war als wirtschaftlicher und militärischer Faktor über Jahrtausende von eminenter Bedeutung und ließ ganze Völkergruppen groß und mächtig werden. Die Schlagkraft von Armeen, die wirtschaftliche Entwicklung der Völker, das gesamte Transportwesen zu Lande war im wesentlichen mit der Geschwindigkeit des Pferdes synchronisiert. Erst mit der Mechanisierung der Landwirtschaft und der Motorisierung von Militär- und Zivilwesen geriet das Pferd als Nutztier in den Hintergrund. Heute stellt es in einigen Gebieten und Ländern noch einen gewissen Faktor als Transportmittel dar, in Europa und Nordamerika dient es jedoch vornehmlich als Sport- und Freizeitpartner. Die Entwicklung dürfte mit zunehmender Mechanisierung weltweit in Richtung Sport und Freizeit im weitesten Sinne gehen.

Die moderne Zucht hat sich daher auch auf Pferde spezialisiert, die sich durch ihre Einsatzmöglichkeiten im Breiten- und Spitzensport als wirtschaftlich erweisen. Die unterschiedlichen Verwendungszwecke haben zur Ausbildung vieler mehr oder weniger spezialisierter Formen geführt, die als Rassen in ihren Hauptzuchtgebieten vermehrt werden und mitunter einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor darstellen. Die planmäßige Selektion auf gewisse erwünschte Merkmale steht im Vordergrund und ermöglicht somit den weiteren Fortbestand der Populationen.

Das Pferd erhält heute – genau wie schon vor Tausenden von Jahren – seine Daseinsberechtigung in erster Linie durch seine Verwendbarkeit im Dienste des Menschen. Der Mensch hat sich eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten ausgedacht, die der Befriedigung seiner Bedürfnisse dienen. Sportlicher Ehrgeiz, wirtschaftlicher Erfolg, sinnvolle Freizeitgestaltung, Tierliebe und Experimentierfreudigkeit sind neben anderen wohl die Hauptmotive der Pferdehaltung. Neben der Freude an einem ästhetisch ansprechenden Tier, die wohl ein stets mitschwingendes Grundmotiv sein dürfte, hat zu jeder Zeit auch die nüchterne Nützlichkeit eine große Rolle gespielt.

Wir bewegen uns bei der Betrachtung des Pferdes als Begleiter des Menschen durch die Jahrtausende auf einem weiten Feld zwischen echter und tiefempfundener emotioneller Hinwendung bis zur Verehrung im Kult und Mythos (Religion) und gnadenloser wirtschaftlicher Ausbeutung bis zum Tod (Krieg).