Haltung im Pensions- oder Vereinstall
Wer als „Neueinsteiger“ nach einer gewissen Zeit der reiterlichen Schulung nun sein erstes Pferd erwirbt, wird es sich in der Regel nicht zutrauen, für dessen Schicksal vollkommen allein verantwortlich zu sein, Pflege und Betreuung sofort in die eigenen Hände zu nehmen. Häufig wird das erste Pferd in dem Reitbetrieb erworben, in dem man auch die Reitstunden nahm; der Reitlehrer oder Stallinhaber hat den noch unerfahrenen Käufer beraten, hat den Kauf vermittelt oder trat selbst als Verkäufer auf. Der Neuling der Pferdehaltung wird dazu tendieren, seinen frischerworbenen Vierbeiner in der gewohnten Umgebung zu belassen und die Versorgung seines Pferdes fachkundigen Menschen zu übertragen. Dafür sprechen viele gute Gründe: Wer hauptberuflich Pferde hält, vielleicht gar die offizielle Berufs- bezeichnung „Pferdewirt“ führen darf, kennt sich mit Pferden besser aus als der Reitanfänger. Der Fachmann weiß über die passende Futterration Bescheid, weiß mögliche Krankheitssymptome zu deuten und Kleinigkeiten zu behandeln, ohne gleich den Tierarzt rufen zu müssen. Im gut geführten Pensionsbetrieb erhalten alle Pferde des Bestandes im regelmäßigen Turnus ihre Impfungen gegen Tetanus, evtl. Tollwut, Influenza; werden regelmäßig Wurmkuren durchgeführt, kommt der Schmied zu festen Beschlagterminen.
Meist hat der Pferdebesitzer seinen Reitstall in der Nähe seiner Wohnung gewählt, das spart Anfahrtszeit, die wiederum der Beschäftigung mit dem Pferd zugute kommen kann. Wer reiterlich weiter gefördert werden will, braucht die Unterrichtsstunden des Reitlehrers. Wer Turnierambitionen besitzt, wird schon gar nicht darauf verzichten wollen. Hinzu kommen die vorhandenen Anlagen zur Reitsportausübung, Dressurviereck, Springplatz, die gedeckte Reithalle bei schlechtem Wetter, die sonstigen Annehmlichkeitenwie beheizte Sattelkammer, Pferdeputz- und -waschplatz, Sanitärräume, vielleicht ein gemütliches Reiterkasino – und überhaupt der Kontakt zu Gleichgesinnten im Verein. Der Spaß beim gemeinsamen Abteilungsreiten, die Zugehörigkeit zu einer Vereinsmannschaft ,Turnierteilnahme für die Farben des Vereins, Vereinsmeisterschaften und viele sonstige Aktivitäten sind Argumente für die Unterstellung des Pferdes im Vereins-/Pensionsstall.
Die genannten Vorteile kommen allerdings vorwiegend dem Pferdebesitzer und nur teilweise seinem Pferd zugute. In der Regel hat der Pferdebesitzer nach dem Abschluß des Pensionsvertrages kaum noch Einfluß auf die Haltungs- bedingungen. Im städtischen Verein auf knapper Fläche werden Ausläufe oder gar Weiden ohnehin fehlen; wo sie vorhanden sind, werden sie häufig nicht genutzt, weil die Zeit zum Raus- und Reinbringen der Pferde fehlt, weil man Verletzungen befürchtet, weil die Pferde sich beim Wälzen schmutzig machen könnten. Die meisten Vereins- und Pensionsställe kennen den sogenannten „Stehtag“, wo zur Entlastung des Stallpersonals der Reitbetrieb ruht – damit fällt schon jeder siebte Tag für die Beschäftigung mit dem eigenen Pferd aus. Schließlich gibt es viele Ställe, wo das Personal nicht die erforderliche Qualifikation besitzt; wo man befürchten muß, der Pfleger könne seinen Unmut am Pferd auslassen; wo die Futterrationen knapp sind oder nicht die erforderliche Qualität aufweisen, wo das Stallklima nicht stimmt, weil aus Furcht vor Zugluft die Öffnungen geschlossen sind, wo das eigene Pferd neben hustenden Boxennachbarn stehen muß, weil separate Krankenboxen fehlen. Die Unzufriedenheit mit den Lebensbedingungen seines Pferdes in unzureichenden Pensionsställen veranlassen manchen Besitzer, eine andere Lösung zu suchen.
Vorteile:
- die Stallbesitzer kümmern sich ums Futter (Beschaffung von Stroh, Heu, Hafer, Mischfutter)
und die Fütterung der Pferde - eventuelle Krankheiten werden schnell erkannt
- der Stallbesitzer sorgt meist für Impftermine, Wurmkuren und Beschlagstermine
- gute Anlagen zur Reitsportausübung (gedeckte Reithalle, Springplatz, Dressurviereck, Sattelkammer, ect.)
- Möglichkeit von Reitunterricht
- schnelle Verfügbarkeit des Pferdes
- Pferd (in Boxenhaltung); meist sauber, daher wenig Putzaufwand
- Kontakt zu vielen anderen Reitern; gemeinsamme Aktivitäten (Tuniere, Vereinsmeisterschaften, ect.)
Nachteile:
- meist keinen Einfluß auf die Fütterung des Pferdes (Menge, Art, Zeit)
- keinen Einfluß darauf, ob, wann und wie oft das Pferd in einen Auslauf kommt
- keinen Einfluß auf das „Stallklima“ (Belüftung, Temperatur)
- ebentuell unqualifiziertes Personal
- durch hohen Pferdebestand verstärke Ansteckungsgefahr
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