Fachchinesisch für Anfänger oder – kleines Reiterlexikon

Du bist manchmal etwas erstaunt, wenn du andere Reiter von ihren Reitstunden erzählen hörst? Wenn sie ihren Pferden Kunststücke abverlangen wie „durchs Genick treten(muß doch weh tun), ihr Pferd „auf den Kopf stellen“ (das sieht man ja nicht einmal im Zirkus), deren Pferd „bügelt“ (könntest du für daheim auch gebrauchen…) oder deren Pferd gar „auseinanderfällt(wer sammelt das denn hinterher wieder ein?)? In diesem Fall bist du hier genau richtig, denn hier werden dir die Fachbegriffe der „Pferdesprache“ erklärt.

Pferd nach innen stellen:

Wenn dich dein Reitlehrer auffordert, dein Pferd nach innen zu stellen,
meint er nicht, das du dein Pferd in den Stall bringen sollst. Es hat lediglich
eine falsche Stellung, sprich, es ist meistens
zur äußeren Seite hin gebogen und
der Reitlehrer möchte, das du das korrigierst und dein Pferd zur inneren
Seite
hin biegst. Dieses erreichst du, indem du den inneren Zügel
etwas stärker annimmst.

Innere Seite:

Die „Innenseite“ eines Pferdes ist nicht das Innere des Pferdes, sondern
ist in den meisten Fällen die Pferdeseite, die dem Bahninneren zugewand
ist – wenn du rechter Hand reitest die rechte Seite deines Pferdes. Allerdings
gibt es auch ein paar Ausnahmen. Beim Schenkelweichen z.B. wird das Pferd
zur Außenwand hin gebogen/gestellt – und die innere Seite wäre
in dem Fall die der Außenwand zugewandte Seite.

Äußere Seite:

Immer die Seite, die nicht die innere Seite
des Pferdes ist, daher – siehe „Innere Seite“.

Pferd fällt auseinander:

Keine Panik!  Wenn dir jemand im Reitunterricht zuruft „Dein Pferd
fällt auseinander“ brauchst du dich nicht durch einen schnellen Sprung
aus dem Sattel zu retten – deinem Pferd geht es bestens. Es wird weder
zusammenbrechen noch sich in seine Einzelteile zerlegen. Der Reiterkollege/in
wollte dich lediglich darauf aufmerksam machen, das dein Pferd nicht mehr
am Zügel geht und auch nicht mehr mit der Hinterhand untertritt.

Pferd bügelt:

Leider muß ich dich enttäuschen – auch wenn dein Pferd bügelt
kannst du deine Bügelwäsche schön daheim lassen. Als Haushaltshilfe
taugt es leider genausowenig wie andere Pferde auch. Damit wird lediglich
ausgedrückt, daß dein Pferd paddelnde Bewegungen (nach außen)
mit seinen Vorderbeinen vollführt. In Reiterkreisen wird immer wieder
darum gestritten, ob das „Bügeln“ den Gelenken des Pferdes stark schadet
oder ob es harmlos ist.

Ins Pferd setzten:

Du brauchst gar nicht nach einer Öffnung im Pferdeleib zu suchen
– wenn dein Reitlehrer dich auffordert, dich ins Pferd zu setzten, meint
er lediglich, daß du dich tief in den Sattel setzten und mit den
Bewegungen des Pferdes mitgehen sollst.

Das Pferd versammeln:

Auch wenn zu einer Versammlung normalerweise mindestens zwei gehören – Pferde
können sich auch versammeln, wenn sie alleine sind. Ein „versammeltes
Pferd“ besagt, daß das Pferd sich unverkrampft, losgelassen und im
Takt geht, mit schwungvollen Bewegungen und einer verstärkt Last aufnehmenden
Hinterhand.

Das Pferd tritt durchs
Genick:

Klingt weitaus gefährlicher als es ist. Ein durchs Genick tretendes
Pferd trampelt weder auf sich noch auf anderen herum. Es macht sich im
Genick nicht steif, wodurch seine Bewegungen weicher und flüssiger
werden.

Das Pferd auf den Kopf
stellen:

Hat leider nichts mit Akrobatik zu tun, denn ein auf den Kopf gestelltes
Pferd macht keinen Kopfstand. Der Reiter zieht in diesem Fall dem Pferd
den Kopf z.B. mit Hilfszügeln in Richtung Brust.

trockenes Fundament:

Nein, hier spricht niemand vom Haus- oder Stallbau. Hier geht es noch
immer ums Pferd. Mit trockenem Fundament meint der Fachmann sich deutlich
abzeichnende Sehnen, Bänder und Knochen an den Pferdebeinen, deren
Ästhetik von keinem Bindegewebe gestört wird.

Stellung:

Keine Sorge, ist in der Pferdesprache völlig jugendfrei und hat
nichts mit der Fortpflanzung zu tun. Beim Dressurreiten wird dem Pferd
eine Stellung gegeben, entweder eine Stellung
nach innen
, oder eine Stellung nach außen.
Ein so gestelltes Pferd weißt eine leichte Biegung durch den ganzen
Körper zur entsprechenden Seite auf.

Anlehnung:

Ein Pferd, das Anlehnung sucht, ist nicht ein besonders liebebedürftiges
oder geschwächtes Pferd, sondern es versucht von sich aus, eine leichte,
elastische Verbindung via Zügel zwischen Reiterhand und Pferdemaul.
Natürlich sollte der Reiter von sich aus schon um die Anlehnung bemüht
sein.

Das Pferd lösen:

Ein Reiter, der sein Pferd löst, hat es nicht etwa irgendwo festgeklebt
oder angebunden, sondern er wärmt es vor der eigentlichen Reitstunde
auf. Wie beim Menschen müssen auch beim Pferd vor der „Sportstunde“
die Muskeln gelockert, aufgewärmt und die Gelenke „geschmiert“ werden.
Beim Reiten nennt sich dieser Vorgang „lösen“.

Dem Pferd die Sporen geben:

Auch wenn ein Reiter seinem Pferd die Sporen gibt, trägt anschließend
nicht das Pferd die Sporen, sondern noch immer der Reiter. Diese Redewendung
besagt, daß der Reiter sein Pferd vorwärts treibt, indem er
ihm die Sporen in die Flanken „drückt“. Bei einem guten Reiter ist
das „drücken“ meist nur eine leichte Berührung der Sporen mit
dem Pferdeleib.

Kutschgeschirr:

Hat leider nichts mit Essen zu tun – ein Kutschgeschirr besteht aus
Leder und „bindet“ die Pferde an die Kutsche. Es besteht aus Brustblatt
oder Kummet, Zugsträngen, Fahrleinen, Hintergeschirr, Stranghalter
und Bauchgurt.

losgelassenes Pferd:

Bleib stehen! Es ist niemandem das Pferd weggelaufen. Ein losgelassenes
Pferd bedeutet ein unter dem Sattel entspanntes Pferd, welches (meist)
ruhig auf seinem Gebiß kaut.

Hilfen:

Wenn ein Reiter seinem Pferd Hilfen gibt, so „hilft“ er ihm nicht bei
einer Übung, sondern er gibt seinem Pferd eine Anweisung, etwas zu
tun, z.B. die Gangart zu wechseln oder eine Vorhandwendung zu machen. Hilfen
werden unterteilt in Gewichtshilfen, Zügelhilfen und Schenkelhilfen.
In den meisten Fällen wirken alle drei Arten von Hilfen zusammen.

Parade:

Sie können ihr Instrument ruhig zu Hause lassen. Eine Parade hat
beim Reiten nichts mit maschieren und musikmachen zu tun. Ein Reiter, der
seinem Pferd eine Parade gibt, möchte in aller Regel sein Pferd anhalten.
Dann gibt es noch (zu allem Übel) die halben Paraden. Sie dienen meist
dazu, das Pferd aufmerksam zu machen, da man kurz darauf etwas zu tun gedenkt,
z.B. Gangartenwechsel, Richtungswechsel, ect.

Gebiß:

Keine Sorge, das Pferd leidet nicht an Zahnausfall und hat auch noch
keine Zahnprothese. Ein Reiter, der seinem Pferd das Gebiß (auch
Trense genannt)  ins Maul gibt, bereitet es lediglich zur Reitstunde
vor. Das Gebiß ist durch die Zügel direkt mit den Händen
des Reiters verbunden und durch das dieser einen Teil seiner Wünsche
dem Pferd mitteilen kann.

Pferdeapfel:

Ist leider keine Obstsorte und beschreibt auch nichts, was man vorne
ins Pferd (sprich: ins Pferdemaul) hineinschiebt, sondern ist etwas, was
hinten aus dem Pferd herauskommt. Pferdeäpfel sind bloß eine
feinere Umschreibung der Exkremente des Pferdes.

Pferd ist durchlässig:

keine Angst – da läuft nichts aus! Ein Pferd ist durchlässig, wenn es alle Reiterhilfen willig durchlässt, also sofort auf feine Hilfen reagiert.
eingesandt von Elke Rothermel aus Heppenheim

Pferd verwirft sich:

Hat leider nichts mit Ballspielen zu tun. Ein Pferd verwirft sich im Genick, wenn es seinen Kopf so schief hält, dass sich seine Ohren nach innen neigen – aber die Nase nach außen zeigt.
(eingesandt von Elke Rothermel aus Heppenheim)

Pferd geht über die Schulter:

Keine Sorge, auch das tut nicht weh! Sieht man oft auf dem Zirkel, wenn sich das Pferd nach außen von der Zirkellinie wegdrückt. Es ist dann nicht richtig gebogen und hat einen „Knick“ in Höhe der Vorhand. Hier fehlt es eindeutig an der außeren Zügelhilfe!
(eingesandt von Elke Rothermel aus Heppenheim)

Pferd überrollt sich:

Nein, es macht keinen Purzelbaum! Es versucht jedoch, sich den Hilfen des Reiters zu entziehen, indem es seine Nase zu sehr in Richtung Brust nimmt. Dann muss der Reiter energisch vorwärts treiben, damit wieder eine stete Anlehnung entsteht.
(eingesandt von Elke Rothermel aus Heppenheim)